Zum Auftakt der 6. Staffel des BUWOG-Podcast sind wir zu Gast in Wien und sprechen mit Angelika Fitz, der Direktorin des Architekturzentrum Wien. Welche Einflüsse erzeugen einen Wandel in der Architektur? Und wieso ist ein Architekturstil wie der Brutalismus plötzlich in den sozialen Netzwerken wieder so beliebt?
In der Mode kommt alles wieder, so sagt man. Und auch in der Architektur erfahren die Stilrichtungen von früher oftmals eine Renaissance. Solches gilt zum Beispiel für den Brutalismus.
Der Baustil des Brutalismus prägt die Nachkriegszeit und bündelt verschiedene Architekturkonzepte, wie etwa den französischen Begriff béton brut, der viele Entwürfe von Le Corbusier kennzeichnet. Brutalismus kommt also nicht vom Wort „brutal“ sondern vom französischen Wort für Sichtbeton.
Stilrichtungen und ihre Renaissance
Das, was man noch vor wenigen Jahren am liebsten abgerissen hätte, erfährt derzeit wieder große Beliebtheit. Architektur im Wandel ist auch der Wandel des ästhetischen Empfindens. Ganze Fan-Gruppen bei Instagram & Co liken und teilen Architekturfotografien mit Motiven des Brutalismus.
Dem Brutalismus widmete auch das Architekturzentrum Wien eine Ausstellung: SOS Brutalismus. Angelika Fitz im BUWOG-Podcast: „Oftmals drohte den Gebäuden der Abriss, da sie jahrelang als nicht sanierbare Monsterbauten galten.“
Brutalismus wird in der Allgemeinheit mit ‚Betonklötzen‘ der 1950er bis 1970er Jahre verbunden. Fitz ist der Meinung es steckt viel mehr hinter der Epoche: „Brutalismus steht für Rauheit, Sichtbarkeit der Materialien und der Konstruktion mit einer dargestellten Wirkung der Kräfte“. Eine Besonderheit dieser „Epoche des Wohlfahrtstaates“ (Fitz) sei, dass eine Masse an öffentlichen Gebäuden, Kultur- und Gemeindezentren erstellt wurde und sich diverse lokale Varianten des Brutalismus ausgeprägt haben.
So ist die aktuelle Renaissance des Brutalismus ein gutes Beispiel dafür, dass der Geschmack veränderlich ist und das ästhetischen Empfinden eben einem manchmal raschen Wandel unterliegt.
Was beeinflusst diesen Wandel? Welche Zugeständnisse etwa bei Wärmedämmung und Energieeffizienz sollte man machen beim Erhalt bestehender Gebäudestrukturen? Angelika Fitz plädiert hier für Pragmatismus, auch mit Blick auf die CO2-Bilanz, die heute im Planen und Bauen das Maß aller Dinge ist. „Ein Gebäude aus den 1950er Jahren muss nicht eine vergleichbare Wärmedämmung wie ein neu erbautes Passivhaus aufweisen“, findet Architekturexpertin Angelika Fitz. In der Vergangenheit habe man sich besonders aufgrund der Nutzfläche leider für den Abriss vieler Gebäude entschieden. Heute weiß man die räumlichen Qualitäten von Nachkriegsbauten mehr zu schätzen.
Architektur im Wandel – jetzt ganze Folge hören!
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