Auf dem Weg zur nachhaltigen Baukultur
Co-CEO von Bauhaus Erde: Belinda Rukschcio im BUWOG Podcast.
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Auf dem Weg zur nachhaltigen Baukultur

In der 60. Folge von „Glücklich wohnen – der BUWOG Podcast“ ist Belinda Rukschcio zu Gast. Sie ist Architektin und Co-CEO von Bauhaus Erde. Im Gespräch geht es um eine Bauwende hin zu einer regenerativen Baukultur, die Klima, Ressourcen und soziale Aspekte ganzheitlich berücksichtigt.

 

Vor über 100 Jahren, im April 1919, unterzeichnete Walter Gropius seinen Vertrag als Direktor des Bauhauses in Weimar – einer Kunstschule, die mit dem radikalen Anspruch antrat, Kunst und Handwerk zusammenzuführen. Genau ein Jahrhundert später markiert die Erklärung von Caputh im Jahr 2019 den symbolischen Auftakt für ein neues Kapitel: das Bauhaus Erde. Es soll eine Kehrtwende einleiten, denn „es darf nicht so weitergemacht werden, wie bisher“, findet Belinda Rukschcio, Co-CEO von Bauhaus Erde. Angesichts von Klimawandel, Ressourcenknappheit und globaler Migration fordert die Erklärung eine neue, nachhaltige Baukultur, die nicht nur technisch, sondern auch kulturell, sozial und gestalterisch neu denkt. Rukschcio betont die zentrale Rolle der Bauwirtschaft in der Klimakrise und damit auch die der Baukultur, die sich verändern muss. Denn: „Baukultur ist ein Spiegelbild des Verständnisses einer Gesellschaft zur gebauten Umwelt“, erklärt sie. „Alles, was Menschgemacht ist, ist Kultur – von Menschenhand errichtet.“ Baukultur umfasst dabei nicht nur das sichtbare Ergebnis – also die Gebäude –, sondern auch die Prozesse, die zu ihrer Entstehung führen.

Forschung trifft Praxis: Die Rolle des Bauhaus Erde

Als Antwort auf die Erklärung von Caputh versteht sich Bauhaus Erde als ein „think and make tank“, der die „Klimafolgenforschung in Kombination mit der angewandten Bauforschung denkt“, erläutert Belinda Rukschcio. Ziel ist es, eine zentrale Lücke zu schließen: „Wir verbinden die Forschung mit dem Tun“. Denn häufig dauert es zu lange, bis wissenschaftliche Erkenntnisse in der Praxis ankommen – oder sie gelangen gar nicht dorthin. Als neue Bewegung von Wissenschaft und Forschung, von Planenden und Bauenden, arbeitet Bauhaus Erde mit rund 50 Mitarbeitenden in fünf Schwerpunktbereichen – darunter Demonstrationsprojekte, Bildung und Politikberatung. Ein zentrales Projekt ist ReBuilt: Es untersucht, wie regenerative, naturbasierte und wiederverwendete Materialien den Bausektor klimafreundlich transformieren können. Neben globalen Analysen von Materialflüssen und CO₂-Speicherpotenzialen entstehen in vier internationalen Fallstudien – unter anderem in Brandenburg und Kapstadt – lokal angepasste Lösungen. Transformation Labs, strategische Roadmaps und Ausstellungen sorgen dafür, dass die erarbeiteten Erkenntnisse praxisnah vermittelt und breit verfügbar gemacht werden.

Materialwende am Bau: Von der Nische zum Standard

Ein zentraler Hebel für eine nachhaltige Baukultur liegt im Umbau der Materialwelt – darin sind sich Belinda Rukschcio und das Team von Bauhaus Erde einig. Gefordert wird der Wechsel von Beton zu Holz, vom linearen Abriss hin zum zirkulären Bauen. Kreislaufwirtschaft, Materialwende und Biodiversität rücken dabei in den Fokus. Materialien wie Stroh, Hanf und Lehm müssten „aus der Nische raus“, so die Expertin. Ein Beispiel dafür ist ein neu entwickelter Lehmstein, der gepresst statt gebrannt wird. „Eine Analyse zeigt, dass zehn Prozent aller Baustellen in Berlin das Potenzial bieten, diese neuen Lehmsteine zu produzieren“, erklärt die Architektin.

Nachhaltige Baukultur braucht Wandel und Tempo

Die Bauindustrie ist stark von Routinen, Normen und linearen Denkmodellen geprägt, sagt Belinda Rukschcio. Um eine regenerative Baukultur zu erreichen, muss sich vieles ändern – „in Ausbildung, Planung und Umsetzung“. Gemeinsam mit 27 weiteren Organisationen hat Bauhaus Erde das Forderungspapier „Nachhaltiges Bauen und Lebenszyklusbetrachtung stärken“ unterzeichnet. Neubau wird es weiterhin brauchen, doch der Fokus muss zukünftig auf der Weiterentwicklung des Baubestands liegen, so Rukschcio. Dabei spielt auch das Thema Flächen eine zentrale Rolle: „Eine Aufgabe der Zukunft wird sein, Flächen zu entsiegeln“, betont die Co-CEO. Konzepte wie die Schwammstadt sind hierfür wichtige Ansätze.

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Jennifer Nülle

Über den Autor

Jennifer Nülle

Zuständigkeit bei der BUWOG: Digital Marketing Managerin Deutschland

Jennifer Nülle arbeitete nach ihrem Studium in mehreren Firmen im Bereich Online Marketing. Bei der BUWOG übernimmt sie die digitalen Aufgaben, unter anderem die Website-Betreuung.