„BUWOG im Gespräch“ ist ein Diskussionsformat, das die BUWOG in Wien bereits etabliert hat – als Plattform für Themen rund um Stadtentwicklung, Bauen und Architektur. Nun lädt die Veranstaltungsreihe auch in Berlin regelmäßig zum Austausch mit Wirtschaft, Politik, Verwaltung und Wissenschaft. Zum Auftakt steht das serielle und modulare Bauen mit Holz im Fokus.
Premiere im Berliner Ludwig-Erhard-Haus: Zum ersten Berliner Termin der Veranstaltungsreihe „BUWOG im Gespräch“ begrüßte Daniel Riedl, Mitglied im Vorstand von Vonovia und zuständig für das Development der BUWOG in Deutschland und Österreich, folgende Gäste auf dem Podium: Sun Jensch, Geschäftsführerin der Koalition für Holzbau, Eva Weiß, Geschäftsführerin der BUWOG Bauträger GmbH, Prof. Dr. Katharina Kleinschrot von der TU Dresden sowie Markus Fuhrmann, CEO und Co-Founder von GROPYUS, einem PropTech-Unternehmen, das den Wohnungsbau durch digitale und serielle Holz-Hybrid-Bauweise revolutionieren will.
„Fließbandarbeit“: Alle 17 Minuten ein fertiges Bauelement
Fuhrmann stellte zur Eröffnung der Diskussionsrunde den technologischen und industriellen Ansatz von GROPYUS vor. Das Unternehmen entwickelt und realisiert zukunftsfähige Mehrfamilienhäuser in serieller und modularer Holz-Hybrid-Bauweise und bietet dabei schlüsselfertige Lösungen aus einer Hand an. Wichtiges Ziel: Baukosten senken und Bauzeiten um bis zu 50 Prozent verkürzen. Erreicht wird dies durch digitale Prozesse und modulare Fertigung. In der Smart Factory von GROPYUS in Baden-Württemberg stehen industrielle Produktionslinien mit 50 Robotern, die Wand- und Deckenelemente fertigen. Nur 17 Minuten dauert es, bis ein Wandelement vom Band rollen kann.
Mehr noch: GROPYUS will Wohngebäude nicht nur bezahlbar und nachhaltig machen – sondern auch intelligent. „Wir denken in Lebenszyklen der Gebäude“, sagt GROPYUS-Chef Markus Fuhrmann. Das beinhaltet eben nicht nur Planung, Produktion und Montage, sondern auch, was mit dem Gebäude passiert, wenn es fertig ist. Ein von GROPYUS entwickeltes Gebäudebetriebssystem wird zum digitalen Steuerungs- und Kommunikationszentrum, das nicht nur eine nahtlose Integration von Smart-Home-Funktionen für mehr Wohnkomfort ermöglicht, sondern auch umfassende Anwendungen für das Facility-, Property- und Asset-Management bietet. Dazu zählen eine vorausschauende Wartung basierend auf Systemzustandsdaten, automatisierte Verwaltung von Miet- und Nebenkostenabrechnungen sowie eine kontinuierliche Optimierung von Kosten durch die Nutzung von Datenanalysen.
Weniger Regulierung, einheitliche Gesetze: Die Politik in der Pflicht
Kostenreduzierte, schnellere Bauweise, ressourcenschonend und umweltfreundlich durch die Verwendung nachwachsender Rohstoffe und optimierte Wirtschaftlichkeit durch effizientes Gebäudemanagement – eine Win-Win-Strategie für Bewohnende und Wohnungswirtschaft gleichermaßen. Doch was sind die Hürden? Was hindert die Wohnungswirtschaft, mehr systemisch, seriell und modular in Holz zu bauen?
Ein besonders drängendes Hindernis sind Defizite in der Bauordnung, wie Sun Jensch betont. Sie ist Geschäftsführerin der Koalition für Holzbau, einer Initiative, die sich für das Bauen mit Holz einsetzt. Jensch sagt: Holzbau ist politisch und politisch sind die Hürden, die dem Holzbau entgegenstehen. „Die Politik hat schon erkannt, dass das serielle und modulare Bauen ein Weg ist, um aus der Wohnungsbaumiesere herauszukommen“, so Jensch. Die Politik müsse nun liefern: Der Gesetzgeber sollte das serielle und modulare Bauen mit Holz so schnell wie möglich erleichtern.
Als Bremsklotz erweist sich etwa der Umstand, dass es in Deutschland 16 unterschiedliche Landesbauordnungen gibt. Die Baubranche fordert schon lange eine Vereinheitlichung. Laut Eva Weiß, Geschäftsführerin der BUWOG Bauträger GmbH, fange man bei der Planung wieder bei null an, sobald eine Landesgrenze überquert werde. „Das ist ein Thema, dass wir versuchen in den Griff zu bekommen“, so Weiß. Und zwar über Typengenehmigungen. „Wir sind derzeit in Sachsen mit dem Bauministerium im engen Austausch, ein GROPYUS-Gebäude genehmigen zu lassen. Also nicht nur ein Gebäude, sondern das System insgesamt genehmigen zu lassen.“ Wenn das gelinge, könne man das serielle und modulare Bauen mit Holz innerhalb des Konzerns in großem Maßstab kostenreduziert und nachhaltig ausrollen.
Die BUWOG und ihr Mutterkonzern Vonovia sind mit GROPYUS eine strategische Partnerschaft eingegangen. Gemeinsam sollen Holzbauprojekte in Deutschland und Österreich entwickelt und umgesetzt werden. Startschuss für den ersten Prototypen, das sognannte Basishaus, startet bereits in der Berlin, wo als Nachverdichtung 27 Mietwohnungen in serieller und modularer Holzrahmenbauweise entstehen.
Holzbau: Akzeptanz fördern und Erfahrungen sammeln
Derzeit kämpft der Holzbau aber auch noch mit einer ganzen Reihe von Vorurteilen, stellt Holzbau-Expertin Sun Jensch fest. Sei es der Holzwurm, mangelnder Brandschutz oder Probleme mit Schimmel. Beim Bauen in Serie kommt der Vorwurf fehlender ästhetischer Individualität noch hinzu. Diese Themen könne man laut GROPYUS-CEO Markus Fuhrmann mit den heutigen technischen Möglichkeiten aber nahezu ausschließen. „Stattdessen überwiegen die Vorteile, wie zum Beispiel ein viel besseres und gesünderes Raumklima“, so Fuhrmann.
Auch den Vorwurf mangelnder Individualität könne man entkräften. Wichtig sei, dass man sich beim seriellen und modularen Bauen innerhalb bautechnischer Standards bewegt, so Eva Weiß. Bei Fassenden, Bodenbelägen etc. könne und müsse man dann gerne modifizieren und variabel werden. Das heißt: Ein seriell errichtetes Gebäude kann Standard sein und trotzdem individuell aussehen.
Mangelnde Akzeptanz von Holzbau macht sich aber auch auf einem anderen Schauplatz bemerkbar: „Wir brauchen mehr Architekten, die sich dem Thema Holzbau annehmen und darin Erfahrung und Referenzen sammeln“, erklärt Jensch. Ein Beispiel: Bei jeder öffentlichen Ausschreibung muss ein Architekturbüro sechs fertiggestellte Referenzprojekte vorweisen. Nur: „Wo sollen diese denn herkommen?“, fragt Jensch. Es würden derzeit im Geschosswohnungsbau lediglich rund 2,5 Prozent vom gesamten Projektentwicklervolumen in Holzbauweise umgesetzt, obwohl das Thema seit mindestens zwei Jahren in aller Munde ist. „Im europäischen Vergleich liegt Deutschland im Bauen mit Fertigteilen auf dem letzten Platz“, ergänzt Prof. Dr. Katharina Kleinschrot von der TUI Dresden. In allen anderen Ländern wird das serielle und modulare Bauen – auch in konventioneller Bauweise – weitaus häufiger umgesetzt.
Modulares und serielles Bauen: Eine Chance für mehr Zirkularität und Nachhaltigkeit
Effizienter, schneller, kostensparender – die Vorteile beim systemischen und seriellen Bauen liegen auf der Hand. Prof. Dr. Katharina Kleinschrot wünscht sich, dass der Fokus darüber hinaus auch auf die Zirkularität gerichtet wird, also auf das Ende eines Gebäudelebenszyklus. Sie weitet den Blick und betont, dass serielles und modulares Bauen nicht auf den Rohstoff Holz beschränkt ist. Die Bauweise hat im Hinblick auf Zirkularität eine enorm wichtige Bedeutung. So lasse sich das Thema auch bei Elementen der technischen Gebäudeausrüstung (TGA) und auch im Stahlbetonbau anwenden. Bei einem systemisch errichteten Bauwerk lasse sich die Demontage und das Recycling von Rohstoffen viel leichter umsetzen, denn: „Alles, was wir standardisieren, lässt sich viel besser sortenrein trennen und wiederverwenden“, so Prof. Kleinschrot, die auf Bau- und Verfahrenstechnik und zirkuläre Wertschöpfung spezialisiert ist.
Das serielle und modulare Bauen mit Holz eröffnet nicht nur neue Möglichkeiten für die Wohnungswirtschaft, sondern stellt auch einen wichtigen Schritt hin zu mehr Nachhaltigkeit und Ressourceneffizienz dar. Die technologischen Fortschritte und der Fokus auf Zirkularität bieten dabei nicht nur Vorteile in der Bauphase, sondern auch über den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes hinweg. Doch um das volle Potenzial dieser Bauweise zu entfalten, sind neben technischer Innovation auch politische Rahmenbedingungen, gesellschaftliche Akzeptanz und der Aufbau entsprechender Kompetenzen entscheidend.