ESG: Social und Governance in der Immobilienwirtschaft
Karin Barthelmes-Wehr, Institut für Corporate Governance in der deutschen Immobilienwirtschaft. Foto: ICG/Andreas Endermann.
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ESG: Social und Governance in der Immobilienwirtschaft

Nachhaltigkeit ist längst kein Trend mehr, sondern eine Notwendigkeit – gerade in der Immobilienwirtschaft. Wir sprechen mit Karin Barthelmes-Wehr, Geschäftsführerin des Instituts für Corporate Governance in der deutschen Immobilienwirtschaft (ICG), über das S und das G in ESG, über „Good Governance“ und verantwortungsvolle Unternehmensführung in einer Immobilienbranche mitten im Umbruch.

 

Die drei Buchstaben ESG stehen für Environmental, Social und Governance und gelten als Leitlinien für nachhaltige und verantwortungsbewusste Unternehmensführung. Auch in der Immobilienbranche ist das ein immer wichtigeres Thema. Während das E, also ökologische Fragestellungen im Planen und Bauen, in vielen Unternehmen schon sehr weit entwickelt sind, so werden das S und das G – Social und Governance – oft als wenig klar empfunden. Das Institut für Corporate Governance hat sich genau darauf spezialisiert und ist Deutschlands führende Plattform zum Austausch, Wissenstransfer und zur Weiterbildung für werteorientierte Unternehmenskultur in der Branche.

„Wir wollen mehr Transparenz, Fairness und Professionalität in die Branche bringen“, erklärt Gründerin Karin Barthelmes-Wehr im BUWOG Podcast. In einer Immobilienwirtschaft, die es mit großen Investitionssummen und persönlichen Netzwerken zu tun hat, gewinnen ESG-Kriterien zunehmend an Relevanz. Nicht zuletzt, weil internationale Investoren verstärkt nicht nur auf Gewinne schauen, sondern Wert darauf legen, wie Unternehmen in diesen Bereichen aufgestellt sind. Dies unterstreicht, dass ESG nicht nur eine ethische Verpflichtung, sondern auch einen klaren Wettbewerbsvorteil darstellen kann, wie Karin Barthelmes-Wehr erläutert. Besonders Investoren aus dem angelsächsischen Raum, familiengeführte Mittelständler und Family Offices zeigten großes Interesse an Unternehmen und Projekten, die ESG-Kriterien ernst nehmen, so die Expertin. „Es gibt einen Markt. Es gibt Investoren, die sehr interessiert sind“, weiß Karin Barthelmes-Wehr.

Soziale Quartiersentwicklung: Wohnraum mit Mehrwert

Will man das S in ESG zur Umsetzung bringen, so geht es dabei nicht nur um das Wohl der Mitarbeitenden im eigenen Unternehmen. Sondern auch um ein soziales Produkt, gerade in Neubau und Quartiersentwicklung. Karin Barthelmes-Wehr unterstreicht, wie wichtig es ist, über die rein wirtschaftliche Nutzung von Immobilien hinauszudenken. Besonders in der Quartiersentwicklung spiele das „S“ in Social eine Schlüsselrolle: Ziel solle sein, Orte zu schaffen, die nicht nur Wohnraum bieten, sondern auch soziale Treffpunkte, die beispielsweise die Gemeinschaft fördern und damit einen Mehrwert bieten können für Nachbarschaft und Stadtgesellschaft. Dies steigere auch die Attraktivität von Immobilien und damit deren Wert, so die Expertin. Eine Win-Win-Situation. „Auch in einer Logistikimmobilie kann soziale gesellschaftliche Wirkung abgebildet werden“, erklärt Barthelmes-Wehr und verweist auf ein Beispiel einer Gewerbeimmobilie, bei der Aufenthaltsräume für Fahrer:innen verbessert und Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderungen geschaffen wurden.

 

Die Messbarkeit solcher Maßnahmen ist dabei essenziell, da nur so ihre Wirkung nachweisbar und in aussagekräftige Berichte integriert werden kann. Die Gefahr von „Whitewashing“ sieht Barthelmes-Wehr als zunehmend geringer an. Denn: „In einer Zeit, in der Stakeholder und Gesellschaft sehr viel kritischer geworden sind, ist es sehr schwierig, ESG-Standards nur vorzutäuschen.“ Sich sozial geben und es eigentlich gar nicht sein? Keine gute Idee, so die Expertin. Denn dank der Transparenz des Internets und der sozialen Medien werden solche Schiefstände und Missstände schnell aufgedeckt und publik. Gefragt sind: Wirklich authentische und nachhaltige Strategien – sowohl für S als auch für G.

Erfolgsfaktor Good Governance

Der dritte ESG-Pfeiler, die Governance, konzentriert sich auf gute Unternehmensführung. Ein auf den ersten Blick schwammiger Betriff. Bei Governance geht es nicht nur um die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben, sondern darüber hinaus auch um die Etablierung einer insgesamt positiven Unternehmenskultur, so die Expertin. Wie werden Mitarbeitende an Entscheidungen beteiligt? Welches Betriebsklima herrscht? Wie funktionieren Diversity, Fairness oder Inklusion ganz konkret im Unternehmen? Insbesondere junge Talente forderten immer stärker eine werteorientierte Führung. „Wie führe ich ein Unternehmen so, dass ich Werte platziere und diese auch gelebt werden?“, bringt es Karin Barthelmes-Wehr auf den Punkt. Ihre klare Prognose: „Wer keine Good Governance hat, wird mittelfristig vom Markt verschwinden.“

Viele namhaften Immobilienunternehmen sind bereits im ICG Mitglied und immer mehr Akteure der Immobilienwirtschaft sind nach den Standards des ICG zertifiziert. Zum Thema Social Impact Investing wurde ein eigener Kodex entwickelt mit dem Titel „Werte. Sinn. Wirkung.“ Er zeigt, wie Unternehmen ihre Projekte nachhaltig und wirkungsvoll gestalten können.

 

Klar ist: ESG ist weit mehr ist als nur ein Buzzword. Das S und dem G sind integraler Bestandteil von zukunftsfähigen Unternehmen und nicht „Nice to have“.

 

Übrigens: Mehr von und mit Karin Barthelmes-Wehr gibt es in ihrem Podcast „INTERESSEN: Konflikt“. Mit Dr. Irina Kummert – Expertin für People & Culture Management und Dekanin des Fachbereichs Wirtschaft und Recht der HFH – diskutiert sie in jeder Folge einen „ethisch konnotierten“ Begriff und dessen unterschiedliche, meist kontroverse Facetten. Wer Lust auf Anregung, Inspiration und Denkanstöße hat, ist hier richtig.

 

Jetzt die ganze Folge hören!

 

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Michael Divé

Über den Autor

Michael Divé

Michael Divé ist Teamleiter Kommunikation und Pressesprecher der BUWOG in Deutschland.

Er leitet die Unternehmenskommunikation und die digitalen Kanäle der BUWOG in Deutschland und moderiert den Podcast GLÜCKLICH WOHNEN. Nach seinem Studium der Medienwirtschaft an der Hochschule RheinMain in Wiesbaden und Toulouse (Frankreich) war er als Journalist und Medienmanager für verschiedene Medien und Unternehmen tätig.